Coolness kann man nicht kaufen

„Frau Krummholz, hätten Sie bitte einen Moment Zeit für mich?“, hörte ich die Stimme unseres Direktors Herrn Lebnis an mein Ohr dringen. Ich hatte gerade das Konferenzzimmer verlassen und wollte die Stufen in die Aula hinabsteigen.

Nun, eigentlich hatte ich die Zeit nicht. Ich war spät dran, es hatte bereits geklingelt und ich plante heute eine Wiederholung in der 1a. Aber als Lehrerin in seiner Schule konnte ich wohl schwer nein sagen.

Leise seufzend drehte ich mich um. Mit Schwung. Vielleicht etwas zu viel Schwung und einem Schritt zu weit nach hinten. Denn mein Schuhabsatz berührte plötzlich den Boden nicht mehr. Ich sah noch, wie mir Direktor Lebnis die Arme entgegenstreckte, doch es war zu spät.

Rückwärts stürzte ich die Treppen hinab. Die hohen, harten Treppen. Die Zeit schien stillzustehen. Ich fiel und fiel und fiel. Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf: „Das ist ja langsam!“, aber auch „Welche Unterhose habe ich heute an? Wie gut, dass ich heute unter meinem

Rock eine blickdichte Strumpfhose trage!“ Denn mir gelang bei diesem Sturz etwas, das ich in meiner ganzen Schulzeit und auch später nie geschafft hatte: Ein Salto! Und danach noch eine kleine Rolle.

Der Moment schien endlos. Ich dachte nicht einmal daran, wie

gefährlich dieser Unfall war. Nur, dass noch Pause war und mir wahrscheinlich die halbe Schülerschaft zuschaute. Wie peinlich!

„NEEEIIIN“, hörte ich, als ich mit den Füßen am Boden der Treppe aufkam, immer noch mit den Büchern in der Hand. Ein reiner Zufall oder Reflex, denn ich bin wirklich nicht sportlich.

Verschwommen nahm ich die Schülerinnen und Schüler wahr, die mich alle fassungslos anblickten. Im Gedanken zählte ich meine Rippen. Mir tat alles weh, aber nichts schien

gebrochen. Ich nahm, was mir an Würde verblieben war, setzte ein Lächeln auf und nickte Herrn Lebnis zu: „Wir sehen uns in der nächsten Pause.“ Dann marschierte ich in Richtung 1a. Coolness kann man nicht kaufen!